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Als Christen sind wir nie allein, auch nicht allein mit Jesus,
sondern automatisch verbunden mit den an Jesus Glaubenden in aller Welt.
Wir sind umgeben von einer "Wolke von Zeugen" (Hebräer 12,1),
wir sind zu einem Leib zusammengefügt, wir sind "Blutsverwandte",
da wir durch das Blut Jesu zu Kindern des Vaters erkauft (Offenbarung 5,9) und
damit stärker verwandt und einander näher sind als es durch genealogische Verwandtschaft
jemals sein könnte, ganz so wie Jesus sagte, daß die seine wahren Verwandten sind
(und damit auch untereinander verwandt sind), die seinen
Willen tun (Matthäus 12,46-50).
Somit sind wir in enger Weise auch mit unseren Glaubensgeschwistern in aller Welt verbunden, die
um ihres mutigen Zeugnisses für Jesus willen benachteiligt, verfolgt, gefangen, gequält
oder mit dem Tode bedroht werden. Daher ist es auch ganz natürlich, daß wir, zumindest
in einer generalisierten Form, für die verfolgten Christen in aller Welt beten.
Ich möchte aber jetzt den Blick auf einen Zusammenhang lenken, der uns oftmals
nicht bewußt ist, nämlich auf den Zusammenhang zwischen
unserer Haltung zu den verfolgten Christen in aller Welt einerseits und
unserem allgemeinen persönlichen Lebensstil als Christen in unserem Alltag
andererseits.
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Der Autor des Hebräerbriefes macht uns klar, daß Verbundenheit mit unseren
verfolgten Glaubensgeschwistern mehr bedeutet als generelles Gedenken und Gebet oder
Geldspenden für die Verfolgten. Er schrieb nämlich nicht einfach "denkt
an die Gefangenen", sondern "Denkt an die Gefangenen, als wärt ihr Mitgefangene..."
(Hebräer 13,3). Wir sind also nicht zu irgendeiner Handlung, die wir abhaken können,
aufgefordert, sondern zur Identifikation mit den um Jesu willen Verfolgten.
Dies bedeutet, daß die Tatsache, daß jemand um des Zeugnisses Jesu willen
inhaftiert wird, für mich nicht bloße Information ist, sondern mich persönlich
trifft und mich direkt angeht, zum einen, weil es meine Schwester, mein Bruder ist, der
für denselben Herrn, für den ich auch lebe, inhaftiert wurde, zum anderen aber
vor allem, weil sich die Verfolgung direkt gegen meinen geliebten Herrn Jesus selbst
(Apostelgeschichte 9,4-5) richtet.
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Eine Konsequenz hieraus ist meine uneingeschränkte Solidarität mit verfolgten
Christen in aller Welt. Ich stehe zu ihnen, bekenne mich zu ihnen in jeder Lage
und schäme mich ihrer nicht und verleugne nicht, daß sie meine Geschwister sind,
auch gerade dann, wenn dies mir persönlich gesellschaftliche Nachteile bringt.
Paulus schrieb aus seiner Gefangenschaft in Rom an Timotheus: "Der Herr gebe Barmherzigkeit
dem Hause des Onesiphorus; denn er hat mich oft erquickt und hat sich meiner Ketten nicht
geschämt, sondern als er in Rom war, suchte er mich eifrig und fand mich."
(2. Timotheus 1,16-17)
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Eine andere Konsequenz ist, daß ich bereit bin, Jesus in gleicher Eindeutigkeit
zu bekennen wie meine dafür verfolgten Geschwister. Der Autor des Hebräerbriefes
schrieb über Mose: "Durch den Glauben wollte Mose, als er groß geworden war,
nicht mehr als Sohn der Tochter des Pharao gelten, sondern wollte viel lieber mit dem Volk
Gottes zusammen mißhandelt werden, als eine Zeitlang den Genuß der Sünde haben,
und hielt die Schmach Christi für größeren Reichtum als die Schätze
Ägyptens; denn er sah auf die Belohnung." (Hebräer 11,24-26). Und Paulus wollte
Jesus "erkennen und die Kraft seiner Auferstehung und die Gemeinschaft seiner Leiden und
so seinem Tode gleichgestaltet werden" (Philipper 3,10), wozu sicher auch die hier
beschriebene Identifikation mit unseren verfolgten Geschwistern gehört.
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Jedes Paktieren mit dem Zeitgeist, mit dem System "Welt" und seinen Werten, ist
im Prinzip Verrat an Jesus und an den Geschwistern, die durch ihren Bekennermut Verfolgung
leiden müssen; es ist gleichsam ein Fußtritt in ihr Herz.
Die in 2.Chronik 18,1-19,3 geschilderte Begebenheit aus der Zeit des geteilten Reichs
Israel-Juda zeigt, wie Gott es sieht, wenn wir unseren verfolgten Geschwistern die
Solidarität verweigern und mit den Gegnern Gottes gemeinsame Sache machen:
Der Prophet Jehu stellte Judas gottesfürchtigen König Joschafat zur Rede, weil
er sich in eine gemeinsame Unternehmung mit dem gottlosen König Ahab von Israel
hineinziehen ließ (nämlich Ramot in Gilead von den Aramäern zurückzuerobern),
statt Solidarität mit dem von Ahab verfolgten Propheten Micha
zu üben, der im Auftrag Gottes das Scheitern dieser Unternehmung weissagte:
"Sollst du so dem Gottlosen helfen und die lieben, die den Herrn hassen? Darum kommt
über dich der Zorn vom Herrn." (2.Chronik 19,2)
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Im Spannungsfeld zwischen dem Reich Gottes und dem System "Welt" sind wir
aufgefordert, uns als Ausdruck unserer Zugehörigkeit zu Jesus und den um seines
Zeugnisses willen Verfolgten klar an ihre Seite zu stellen und Position zu beziehen.
Was sagen wir z.B., wenn unsere Bekannten oder Kollegen über in Afghanistan oder
Sudan inhaftierte deutsche Christen spotten und sagen "selbst schuld"?
Hierzu ein Ausschnitt aus einem Bericht über einen Vortrag des "Shelter Now
Germany"-Vorsitzenden Udo Stolte auf den Mannheimer christlichen Hochschultagen 2002
über die Inhaftierung der "Shelter Now"-Mitarbeiter durch das afghanische
Taliban-Regime während des Herbsts 2001:
"Unverständnis zeigte Udo Stolte gegenüber den Vorwürfen, die ihm
Journalisten während der Krisenzeit immer wieder entgegenbrachten: 'Die Mitarbeiter
seien selbst schuld, wenn sie dort missionieren, wo jeder weiß, dass es gefährlich
sei. Sie hätten selbst ihre Lage zu verantworten'. Einem Journalisten beispielsweise,
der aufgrund fehlender Pressefreiheit verhaftet wird, hätte man diesen Vorwurf wohl
nicht gemacht. Dieser Vorwurf leitete zu Udo Stoltes Vortrag über Glaubensfreiheit
hin. Genau hier nämlich zeige sich, dass Glaubensfreiheit wohl ein Grundrecht in
Deutschland, nicht immer aber umgesetzt sei: Das Christentum sei häufig sozial negativ
sanktioniert und erfahre nicht die gleiche Toleranz wie andere Glaubensrichtungen."
(nach einem Bericht auf der Website http://www.campusclick.de/ (Studentenportal Rhein-Neckar))
Oder: Denken wir an unsere verfolgten Geschwister auch z.B. bei
Geschäftsabschlüssen mit Repräsentanten des chinesischen oder
saudischen Staates oder wenn wir Urlaub auf den Malediven oder in Tunesien machen (in den
genannten Ländern sind Christen starker Verfolgung ausgesetzt)? Lassen wir uns
"touristisch umgarnen", während unsere Geschwister dort im Gefängnis sitzen,
und machen gar "Urlaub von Gott"? Als Alternative können wir z.B. die Gemeinschaft
einheimischer Christen vor Ort suchen oder am Gottesdienst einer Untergrundgemeinde teilnehmen.
(Abgesehen davon ist der Besuch einer Gemeinde lebendiger Christen vor Ort
auch während einer längeren Urlaubsreise eigentlich eine geschwisterliche
Selbstverständlichkeit.)
Meine in diesen Dingen zum Ausdruck kommende innere Haltung zeigt, in welcher Nähe
oder Distanz zu Jesus ich lebe. Wie untrennbar beides miteinander zu tun hat, zeigte Jesus selbst,
indem er sagte: "Was ihr getan habt einem von diesen meinen geringsten Brüdern, das
habt ihr mir getan." (Matthäus 25,40).
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